Warum man kämpfen nur beim kämpfen lernt

Ich praktiziere seit über 18 Jahren Kampfsport und bin seit über 10 Jahren als Coach aktiv. Anfangs war das Coaching nur eine Nebenbeschäftigung, aber das Weitergeben von Wissen lag mir und die Freude daran entwickelte sich schnell. Allerdings erkannte ich früh, dass meine anfängliche Lehrmethode oft nicht effektiv war.

 

Ich begann damit, Techniken zu zeigen, die mir leicht fielen. Wenn diese für manche nicht so gut funktionierten, schob ich es faulerweise auf angeblich mangelndes Talent meiner Schüler/innen. Nicht lange später erkannte ich jedoch, dass eher meine Herangehensweise als Coach das Problem war, als die Lernenden selbst.

 

Der klassische Trainingsansatz im BJJ und anderen Kampfsportarten erschien mir veraltet. Zuerst startet man mit einem kurzen Warm-Up mit Shrimps und anderen Solodrills, 2-3 Techniken werden danach etwa 20 Minuten gedrillt, und am Ende wird dann noch gerollt.

Ich hatte immer das Gefühl, statisches Drillen und kooperatives Auswendiglernen von Bewegungsabfolgen füllen meine Trainingszeit nicht optimal aus. Komplett freies Sparring war zwar besser, jedoch greift man in der Regel auf bereits Gelerntes zurück und ist kaum gezwungen, Neues zu lernen und zu wachsen. Also integrierte ich Live-Arbeit, Situationssparring, unterrichtete "rückwärts" und experimentierte mit verschiedenen Methoden. Trotzdem traf ich nicht ganz ins Schwarze.

 

Mein Problem war, dass ich nur innerhalb meines Sports nach Antworten suchte. Vor einigen Monaten kam ich dann allerdings auf eine Gruppe von Coaches aus den USA und Kanada, welche behaupteten, ihre Schulen (Standard JiuJitsu / Kaboom Brazilian Jiu-Jitsu / Primal MKE) komplett nur mit Live-Training zu führen und weder Techniken im klassischen Sinn zu zeigen noch jemals zu drillen. Sie basierten ihre Entscheidung auf die wissenschaftliche Arbeit im Feld der Ökologischen Psychologie und der nichtlinearen Pädagogik. Natürlich war ich hellhörig geworden und stürzte mich auf sämtliche Podcasts mit Greg Souders, Kabir Bath und Scott Sievewright. Ich fing an, die passende wissenschaftliche Lektüre zu lesen und informierte mich über die neue Herangehensweise auch außerhalb des eigenen Sports.

 

Die Idee ist quasi, dass alle Informationen, die ein Performer braucht, um ein bewegungsbasiertes Problem zu lösen, in der Umgebung und der Interaktion mit dieser, vorhanden sind. Anstatt also die Information von einer externen Quelle wie dem Coach zu bekommen, wird der Lernende dazu aufgefordert und gezielt dazu angeleitet, sie selbst in seinem Umfeld zu finden. Dieses Vorgehen birgt extrem viele Vorteile in der Praxis.

 

Man schwenkt seinen Fokus vom Prozess auf das Resultat. Anstatt an einer optimierten Lösungsvariante festzuhalten, fokussiert man sich auf das Endergebnis. Techniken geraten in den Hintergrund, und unvariable Charakteristiken des Kampfsports treten in den Vordergrund. Man wird quasi dazu gebracht, das Problem oft zu lösen, während man im jetzigen Modell eine von vielen möglichen Lösung ständig wiederholt. Besser im Problemsolving wird man allerdings durch Ersteres, allein schon, weil man dabei das Problem von einem widerstandsfähigen Gegenüber viel besser kennenlernt, als wenn man kooperierend eine potenzielle Lösungsmöglichkeit auf Repeat abspielt.

 

Die neue Aufgabe von mir als Coach ist nun nicht mehr Techniken zu zeigen im klassischen Sinne, sondern Spiele zu kreieren. Die Beeinflussung der Aufgabenbedingungen in den Spielen ist das Hauptwerkzeug von uns Coaches, um den Lernenden die wichtigsten Fähigkeiten zu vermitteln. Die Ausführenden müssen vor allem zwei Aspekte verstehen:

  1. Was ist meine Intention, was will ich erreichen?

  2. Worauf muss ich dabei achten?

So kann ich die Leute in jedem Training, den Großteil der Zeit, live arbeiten lassen und vermeide extrem viel Downtime. Man hat durch diese Methode einfach unglaublich viele Touchpoints pro Einheit mit der tatsächlichen Materie des Kämpfens. Dieses Thema ist komplex und hier nicht abzuschließen. In weiteren Artikeln wird es z.B. darum gehen, wie man als Coach nun den Unterricht gestaltet, ich werde Pros und Contras aufführen und auf Fragen eingehen, falls welche in den Kommentaren auftauchen.

 

Vielen Dank fürs Lesen!

 

Wie sich unser Training dann im Detail gestaltet, findet ihr am besten selbst im Probetraining heraus.

Kommentar schreiben

* Diese Felder sind erforderlich

Kommentare

Keine Kommentare

headlockbloodopponentmartial-arts-couple-fightsitting-downhead-1shieldsportsfacekickgymwintacticsports-1sportwomansport-1mangrapplekaratejudoblack-beltbeltboxing-gloveboxingboxing-bagboxing-bag-1kickboxing-gloves-and-hanging-weight-sackpadsbandaged-fingerchampion-beltpunching-bagmagnifying-glassvibercallemailappleemail-1globeglobalpinlocationmaps-and-flagsidentity-cardnotificationringingwarningclockinformationcheckcheckedverifyprivacy-policybookpolicesbadgeshines 5-starsopen-bookelectricity graphline-chartsadsmileygroup accountuser crowd-of-userssatisfactionguide-bookdownward-arrowdown-arrowup-arrowleft-arrowright-arrowrecycleright-arrow-1left-arrow-1right-arrow-2rightimagecameradiaphragmyin-yang buddhismpartnershippartnershomemortarboardschoolrunning kidsfather-and-sonteaching weightliftingflexions-exercisegym-1